Voneinander getrennt … und doch gemeinsam

Update: Christian Berndt am 04.April 2020


Superintendent Christian Berndt

Kirchengemeindliches Leben im
Kirchenkreis Winsen während der Krise

(ein Bericht von Superintendent Christian Berndt)

Kirche lebt davon, dass Menschen sich gemeinsam auf den Weg des Glaubens machen, gemeinsam Gottesdienst feiern, singen, beten, Abendmahl feiern, füreinander und für andere da sind. In den letzten zwei Wochen haben sich – wie für uns alle – die Rahmenbedingungen für das Miteinander in den Kirchengemeinden völlig geändert. Abstand zwischen den Menschen ist zurzeit oberstes Gebot, um mittelfristig Menschenleben zu schützen. Kirche kann in Zeiten der Krise vieles nicht wie gewohnt machen. Trotzdem findet Verkündigung statt. Trotzdem bleiben die Gläubigen füreinander da, und für andere.

Trauerfeiern

Die Begleitung von Trauernden liegt uns sehr am Herzen. Ich höre, dass die Trauerfeiern in der neuen Form sich jetzt einspielen: Unter freiem Himmel und nur mit den engsten Angehörigen wird ein kleiner Gottesdienst gefeiert. Für die Angehörigen ist das hart. Sie zeigen jedoch Verständnis, dass es jetzt auch um den Schutz der Lebenden geht. Wir als Pfarrerschaft bieten an, zu einem späteren Zeitpunkt noch einen Gedenkgottesdienst im größeren Kreis zu feiern, damit auch Freude, Nachbarn und andere einen Ort der Trauer haben.
Falls ein Pastor oder eine Pastorin aus gesundheitlichen Gründen die Trauerfeier nicht leiten kann, sorgen wir für Ersatz.

Taufen und Trauungen

Viele Gemeindeglieder freuen sich eigentlich auf fröhliche Feste in diesem Jahr. In der heutigen Situation nehmen die Kirchengemeinden jedoch in der Regel Anmeldungen zur Taufe und Trauung nur unter Vorbehalt an. Und auch für die vielen Brautpaare im „Hochzeitsmonat“ Mai ist noch überhaupt nicht klar, ob und in welcher Form ihre Trauung stattfinden kann. Da halten wir uns als Kirche an die dann geltenden Vorgaben von Landkreis, Landes- und Bundesregierung.

Konfirmationen

Die Landeskirche Hannovers empfiehlt eine Verschiebung der Konfirmationen. Dieser Empfehlung schließe ich mich an. Einige Gemeinden haben die Konfirmationen schon in den September und Oktober verschoben, in der Hoffnung, dass dann die großen Festgottesdienste und fröhliche Familienfeiern stattfinden können. Andere Gemeinden überlegen noch eine kleine Lösung für Mai. Hier gilt wie bei vielem: Die letzte Entscheidung fällt vor Ort durch Kirchenvorstand und Pfarramt im Einvernehmen.

Kirche online

In den letzten Wochen hat das Kontaktverbot ganz viele kreative Ideen freigesetzt, wie wir auch ohne körperliche Nähe miteinander unterwegs sein können. Es gibt viele Angebote deutschlandweit. Aber auch viele unserer Kirchengemeinden haben auf ihren homepages schon Andachten und Gottesdienste online gestellt. Einige bieten sonntagsmorgens sogar live-streams, damit Menschen ihre Kirche besuchen können.

Der Kirchenkreis bietet zusätzlich jetzt verlässlich jeden Sonn- und Feiertag einen ca. 30 minütigen Gottesdienst aus unterschiedlichen Kirchen des Kirchenkreises. Unser neuer Pop-Kantor Jens Pape begleitet diese Gottesdienste musikalisch.
Mehr dazu auf den homepages Ihrer Kirchengemeinden und des Kirchenkreises (www.kirchenkreis-Winsen.de )
Pastorin Anja Kleinschmidt aus Ashausen hat jetzt z.B. Fragebögen zu online-Gottesdiensten entwickelt. So können die Konfirmanden jetzt virtuell einen Gottesdienst besuchen und füllen dann den Fragebogen aus und schicken ihn ihrer Pastorin. Somit gelten online-Gottesdienste dann auch in Vorbereitung auf die Konfirmation.
Der Kirchenkreisjugenddienst bereitet für seine Jugendlichen eine tägliche „stay-at-home-challange“ vor, die über instagramm verbreitet wird.

Analog

Die Kirchengemeinden kommen mit ihren Gemeindegliedern jedoch auch anders in Kontakt. Gerade für Menschen, die digital noch nicht so unterwegs sind, werden jetzt persönliche Briefe geschrieben. Pastorinnen und Pastoren oder Mitglieder aus dem Besuchsdienstkreis rufen einfach mal an und ich höre von vielen sehr erfüllten Telefonaten.
In den Schaukästen und Gemeindebriefen sind die Telefonnummern der Pfarrerschaft zu finden. Geplante Urlaubszeiten sind abgesagt. Die Pastorinnen und Pastoren vor sind direkt erreichbar – oder rufen zurück.

Und es werden Dinge ausprobiert. Zum Beispiel:
Ab dem 29.3.2020 gibt es eine tägliche „Telefonandacht aus dem Handorfer Pfarrhaus“ unter der Telefonnummer 04133 222795.

In der Kirchengemeinde Salzhausen-Raven und anderen Gemeinden schreiben Gemeindeglieder jetzt Segenssprüche auf das Pflaster vor der Kirche. In der Salzhausen-Raven wird die Anregung aufgenommen und Gemeindeglieder werden zu „Ermutigern“, indem sie auch „Straßensegen“ schreiben.

In der Kirchengemeinde Ashausen werden „Ostersteine“ ausgelegt, kleine Hinweise der Hoffnung in schwerer Zeit.

Schreibtische werden auf den Rasen vor dem Gemeindehaus gestellt, damit zumindest ein persönliches Gespräch auf Entfernung möglich ist.

Menschen verabreden sich zu gemeinsamen Gebeten oder gemeinsamer Bibellese – jeder in seiner Stube und doch gemeinsam.

Abendsingen und Abendgebet

Ich freue mich darüber, dass die Kirchengemeinden im Kirchenkreis Winsen beim abendlichen Läuten um 19 Uhr mitmachen. Ich selbst genieße es, in aller Ungewissheit diesen festen zeitlichen Ort am Tag zu haben. Viele Menschen warten auf dieses Läuten und singen danach drei Verse von „Der Mond ist aufgegangen“. Ich bekomme immer wieder sehr positive Rückmeldungen von Menschen, die sich in der Gemeinschaft des Singens und Betens miteinander verbunden wissen.
Und mit dem letzten Vers denken wir ganz besonders an diejenigen, die krank sind,
und diejenigen, die sich um die Kranken kümmern.
Diese Abendritual werden wir erst einmal beibehalten solange keine öffentlichen Gottesdienste in den Kirchen stattfinden dürfen, also bis mindesten bis zum Sonntag nach Ostern.

Diakonie

Unsere diakonischen Beratungsstellen arbeiten weiter. Beratungen finden telefonisch statt, manchmal auch persönlich, wenn es nötig ist. Wichtig ist es, telefonisch vorab einen Termin auszumachen.

Verantwortungsträger

Ich bin sehr dankbar dafür, dass Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher und andere Ehrenamtliche trotz manchem Krisenmanagement am Arbeitsplatz und Sorgen in den Familien weiterhin Verantwortung in den Kirchengemeinden übernehmen. Gespräche und Sitzungen werden per Telefonkonferenz abgehalten, manchmal auch als Videokonferenzen

Ausblick

Als Kirche überlegen wir, wie wir in den nächsten Wochen unsere Osterhoffnung in die Häuser bringen.
Ich sehne mich nach gemeinsamem Abendmahl, nach Gottesdiensten, nach einer geschwisterlichen Umarmung. Aber das braucht noch Geduld.
Ich bin dankbar, dass wir trotz aller Trennung gemeinsam auf dem Weg bleiben.
Bleiben Sie behütet.

Ihr Superintendent Christian Berndt