Monatsspruch Juli 2021

Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns.
Denn in ihm leben, weben und sind wir.

Apostelgeschichte 17,27

Das Weben gilt mit als die älteste Handwerkstechnik der Menschheit. Noch lange bevor unsere Vorfahren das Töpfern erlernten, entdeckten sie vor rund 32.000 Jahren die Webtechnik. An dem Grundprinzip hat sich trotz allen technischen Fortschritts bis heute nichts geändert. Am Anfang werden die sogenannten „Kettfäden“ gespannt. Und um diese Anfangsfäden herum werden dann rechts und links, links und rechts die sogenannten Schussfäden gewebt.
So entsteht nach und nach ein Webstück. Die Kettfäden sind später in der Regel gar nicht mehr sichtbar, aber sind noch da, wie sie von Anfang an schon da waren. Genau diese Fäden halten im Verborgenen alles zusammen.
„In Gott leben, weben und sind wir.“ Diese Worte aus dem Monatsspruch sind eine Einladung, Gott einmal anders zu denken:
Gott ist nicht der, der draußen ist.
Gott ist der, mit dem unser Leben auf das engste verwoben ist.
In der nordischen Mythologie gibt es die Vorstellung, an einem verborgenen Ort würden die drei sogenannten Nornen ihre Schicksalsfäden weben und so die Zukunft der Menschen bestimmen.
Die christliche Vorstellung ist eine gänzlich andere: Gott bestimmt nicht von außen unser Leben. Gott lebt mit uns mit. Gott freut sich mit uns mit, wenn wir glücklich sind. Gott leidet mit, wenn uns der Kummer niederdrückt.
Und gleichzeitig gibt er unserem Leben Halt und Struktur. Er sorgt mit seinen Kettfäden dafür, dass wir weiterleben und weiterweben können. In den Farben und mit den Webmustern, die unser Leben ausmachen.
Verborgen sind die Kettfäden oft in einem Webstück. Verborgen und fern erscheint uns manchmal auch Gott. Erinnern wir uns doch gerade in solchen Momenten des Zweifels an das Bild des Webstücks: Gott kann uns gar nicht ferne sein, weil er sich selbst untrennbar mit unserem Leben verbindet. Tag für Tag und Faden für Faden leben wir in ihm.

Hans Georg Wieberneit, Pastor